Heinrich-von-Gagern-Gymnasium Frankfurt am Main

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Es gibt Schweinebraten

Text:
Jonatan Steller
Fotos:
Benjamin Krumbein
R. Winter-Stein
Amr Mohamed
Jonatan Steller
Letzte Änderung:
20.07.2004
Verantwortliche/r:
Jonatan Steller

Es gibt Schweinebraten

oder: Odysseus mal ganz privat

Wer am Heinrich-von-Gagern-Gymnasium Griechisch lernt, dem dürfte Homers Odyssee nicht fremd sein. So lernt man im Anschluss an das Lehrbuch die Geschichte um den Helden Odysseus, seine Abenteuer und seine Irrfahrt detailliert kennen. Aber immer wieder kann es passieren, dass man eines vergisst: Es handelt sich um Dichtung und Homer hat mit übermenschlichen Eigenschaften und Idealisierungen nicht gegeizt. Doch wie war Odysseus wirklich? Und wie sah es mit Nausikaa, der Tochter des Phäaken-Königs Alkinoos und seiner Gemahlin Arete aus?

Um all dies zu klären oder zumindest eine Möglichkeit aufzuzeigen, wie sich alles abgespielt haben könnte, probten die vielen jungen Talente unserer Theater-AG unter der Leitung von Brigitta Mosley-Pötzel und Andreas Weschke ein Stück, das seinem Namen alle Ehre machen sollte: „Schweinebraten“. Mit diesem Titel kann man sich denken, was den Kern der Story ausmacht: Odysseus Intermezzo mit Kirke wird für Odysseus zum Anlass der gedanklichen Aufbereitung gewählt. Der ebenso interessante wie amüsante Stoff stammt aus Herrn Weschkes Feder, jedoch sollte man der Vollständigkeit halber Homer und Ovid sowie ja, ich meine es ernst Loriot zumindest als Co-Autoren nennen. Denn wie sagt man: „Das Leben besteht aus Zitaten.“

Handlung

Der „superschlaue“ Odysseus, wie er sich selbst gerne zu bezeichnen pflegt, ist nach dem Verlust seiner Gefährten auf Scheria, der Insel der Phäaken, gelandet. Der prahlende und selbstsichere Held erzählt vom Trojanischen Krieg und von seinen zahlreichen Eroberungen beim anderen Geschlecht. Seine Gefährten scheinen ihn nicht weiter zu kümmern. Immer unter der Beobachtung der Athene, die von Zeit zu Zeit seinen Übermut drosselt, erfährt man seine ganz persönliche Sicht der Dinge.

Unterdessen gilt es im Königshaus eine handfeste Ehevermittlungskrise zu überwinden. Nach 23 gescheiterten Versuchen soll die Königstochter Nausikaa von ihren Eltern nun endlich erfolgreich verkuppelt werden. Der Glückliche soll niemand geringeres sein als der vor kurzem eingetroffene Fremde, der sich nach eigenen Aussagen weder an seinen Namen noch an seine Vergangenheit erinnern kann.

Nachdem bereits erste Blicke zwischen den beiden gewechselt wurden, soll bei einem gemeinsamen Festmahl die Verlobung perfekt gemacht werden. Der Entschluss, der bei einem Fernsehabend a la Loriot gefasst wurde, ist jedoch weit schwieriger in die Tat umzusetzen als erwartet. So wird dem Gast Schweinebraten serviert; doch als dieser erfährt, wie man an die Mahlzeit gelangt ist, wird es für ihn Zeit, das Rätsel um seine Identität aufzulösen: Das Schweinefleisch kommt direkt von der Insel der Kirke und Odysseus, so der Name des Fremden, erinnert sich an seine Irrfahrt mit den verschiedenen Stationen.

So erzählt er der erstaunten Adelsfamilie und dem „Hausdichter“ Kakophon von seinem Weg aus Troja. Besonders hervorgehoben wird dabei die Begegnung mit der Zauberin Kirke. Als Odysseus mit seinen Gefährten an der fremden Insel angelangt war, schickte er sie los, um die Insel zu erkunden. Doch nur einer von ihnen kam wieder zurück zum Schiff und berichtete, dass Kirke die Gefährten in Schweine verwandelt hatte. Damit Odysseus selbst Kirkes Verwandlungs-Zauber entrinnen konnte, gab ihm Hermes ein Gegenmittel: Aspirin.

Bei Kirke angekommen erwirkte Odysseus, der immer wieder Passagen seiner Erzählung vom eifrig schreibenden Kakophon ändern lässt, um selbst in besserem Licht zu stehen, die Rückverwandlung der Gefährten, nachdem das Gegenmittel seinen Dienst getan und ihn vor Kirkes Tier-Zauber bewahrt hatte. Noch ein ganzes Jahr verbrachte er auf der kleinen Insel Ääa und genoss die angedeutete Beziehung mit Kirke sichtbar. Zum Abschied überreichte sie ihm einen Zaubertrank, der eine beliebige Person in ein Tier seiner Wahl verwandeln kann.

Und auch die restliche Geschichte bis hin zu seiner Ankunft bei den Phäaken erzählt Odysseus noch knapp: Auf Anraten der Kirke begab er sich sich in die Unterwelt, um den Seher Teiresias aufzusuchen. Anschließend erlebte er mit seinen übrigen Männern noch weitere Abenteuer, doch nachdem diese mehrere Rinder des Helios auf der Insel Thrinakia geschlachtet hatten, bestrafte sie Zeus mit einem heftigen Sturm, in dem bis auf Odysseus selbst alle Gefährten ums Leben kamen.

Beeindruckt von der imposanten Geschichte stellt Alkinoos ein Schiff zur Verfügung, das Odysseus zurück nach Ithaka bringen soll. Doch die schöne Nausikaa, die ihm ihre Liebe gesteht, will er sich eigentlich nicht entgehen lassen und so findet er einen Weg, sie mitzunehmen: Kirkes Zaubertrank. In einen leibhaftigen Hund verwandelt wird sie ihn als Tier auf der Heimfahrt begleiten.

Soweit so gut. Der begeisterte Kakophon erzählt Odysseus, er wolle ein großes Werk um dessen Irrfahrt verfassen. Von der Idee überzeugt rät ihm Odysseus jedoch noch zwei Dinge: Zum einen solle er seine Erzählungen doch bitte großzügig ausschmücken. Zum anderen klinge sein Name doch etwas hart und unkünstlerisch. Viel besser passe da ein Pseudonym, unter dem er sein Epos später veröffentlichen könne: Homer.

Fazit

Insgesamt bot „Schweinebraten“ einen witzigen Kontrast zum aktuellen Trend, „epische“ Geschichten wieder ins Kino oder auf die Theater-Bühne zu bringen. So war in einer Szene im Hintergrund ein kleines Plakat zum Film „Troja“ zu erkennen und auch sonst wurde viel Wert auf kleine Andeutungen gelegt. Die Dienerperspektive, aus der heraus die Gestalt Odysseus gezeigt wurde, machte dabei das Kernelement aus: Der geradezu geniale Held war nicht immer genial und auch er war von so mancher menschlicher Eigenheit geprägt. Ein wichtiges Stilmittel für dieses Durchbrechen der klassischen Theater-Sichtweise war das Miteinbeziehen des Publikums: Wenn Odysseus erzählte, lief er für gewöhnlich zwischen den Zuschauern herum und auch Alkinoos und Arete hörten ihrem Gast aus dem Zuschauerraum zu.
Besonders einfallsreich war die Umsetzung der Athene: Sie war während der Aufführung immer oben zwischen dem Vorhang zu sehen, was ihre Position als Schutzpatronin verdeutlichte.

Ein großes Lob für das Arrangement muss man an Herrn Weschke und seine jungen Darstellerinnen und Darsteller aussprechen. Zum Erfolg – die Aula unserer Schule war bei beiden Aufführungen restlos gefüllt – trug neben den Schauspielern vor allem die Mischung aus einem antiken Stoff und der Aktualisierung durch kleine Anspielungen, wie beispielsweise Kirkes „biodynamisch ökologischen Landbau“ oder zahlreiche Ausdrücke wie „jemanden zur Sau machen“ und „Schweinereien treiben“, bei.

Die Aufführungen fanden am 12. und 13. Juli 2004 jeweils mit unterschiedlicher Besetzung statt. Ein besonderer Dank für die Mithilfe an beiden Abenden gilt zum einen Frau Gerber und ihrem Hund Toja, der die verwandelte Nausikaa darstellte, zum anderen den Mitgliedern der Technik-AG, die sich um die Bühne, das Licht und die Technik der musikalischen Untermalung kümmerte.


Mitwirkende

Odysseus: Carl Friedrich Thoma
Athene: Lizanna Engel

Nausikaa: Jelena Nedic, Thesy von Alten
Arete: Francesca Ingleson, Artemis Salehdirin
Alkinoos: Sebastian Engel, Finn Strasding

Kirke: Olga Galicka, Merve Atak

Diener/Hermes: Morgana Hohenstein
Gefährten: Jelena Nedic, Thesy von Alten, Victoria Bergmann, Christina Engel, Jakob Höfle, Francesca Ingleson, Alisa Klasen


Carlos Dürbeck konnte wegen einer Veletzung nicht an den Aufführungen teilnehmen.






































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