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"O Tannenbaum" für einen guten Zweck

Letzte Änderung:
28.12.2002
Verantwortliche/r:
Julian Moritz

"O Tannenbaum" für einen guten Zweck

Schüler des Gagern-Gymnasiums sammeln mit Weihnachtsmusik mehr als eine halbe Million Mark

aks. Die Musik ist schon beim Aussteigen aus der U-Bahn zu hören: "0 du fröhliche" schallt es durch die B-Ebene der Hauptwache. 22 Jugendliche mit Violinen, Klarinetten und Hörnern bilden einen Halbkreis und spielen Weihnachtslieder. Vor ihnen stehen ein offener Geigenkasten und ein Schild: "Schülerinnen und Schüler des Heinrich-von-Gagern-Gymnasiums musizieren zu Gunsten krebskranker Kinder der Unikliniken Frankfurt und Jena". Die meisten Passanten hasten an den Schülern vorüber, doch einige bleiben stehen, manche nur für einen Moment, andere für eine halbe Stunde. Der offene Geigenkasten füllt sich mit Münzen und Scheinen.
Seit 1985 veranstalten die Schüler des Gymnasiums aus dem Ostend alljährlich rund ein Dutzend Adventskonzerte in der B-Ebene. In diesem Jahr wird die Gesamtsumme der seitdem gesammelten Spenden eine halbe Million Mark überschreiten. Rani Ottermann ist seit sechs Jahren mit dabei, seit sie mit Geigenunterricht begonnen hat. "Es ist wichtig, etwas für die krebskranken Kinder zu tun, und es macht mir dazu noch so viel Spaß", begründet die Zwölftkläßlerin ihr Engagement.
Das Repertoire - es umfaßt 25 bekannte Weihnachtslieder - ist seit Beginn unverändert, und deshalb verzichten. die Musiker auf Proben. "Wenn man das einmal durchgespielt hat, weiß man, wie's geht", sagt Ottermann. Jeder musikbegeisterte Schüler darf dabeisein. So auch Christoph Katzenbach: "Meine beiden Schwestern spielen immer mit", erzählt der Fünftkläßler. "Als ich auch auf die Schule kam, hab' ich mich sofort für die Konzerte eingetragen." Natürlich klinge nicht alles so sauber, wie es vielleicht sollte, räumt Ottermann ein. "Aber so richtig am Ton vorbeigehauen hat noch niemand."
Nach der letzten Vorstellung an der Hauptwache besuchen die Schüler in jedem Jahr die Kinder auf der Krebsstation der Universitätsklinik,
 überbringen die Spenden und geben ein Zusatzkonzert für die kleinen Patienten. "Es ist immer eine schöne Atmosphäre, aber auch sehr ergreifend", erzählt Ottermann. Denn nur die Schwerkranken bleiben selbst über die Feiertage auf der Station. Der erste Besuch in der Klinik habe sie sehr mitgenommen, weil die Erfahrung "so heftig" gewesen sei. Inzwischen sei, sie allerdings daran gewöhnt. "Ich sehe" wofür ich gespielt habe, und ich habe die Hoffnung, daß wir wenigstens ein bißchen helfen können." Mit dem Geld konnten zum Beispiel neue medizinische Geräte angeschafft werden.
Bei so viel Engagement macht es den Schülern nichts aus, wenn sich während der zweieinhalbstündigen Konzerte an der Hauptwache manchmal unschöne Szenen abspielen. Einige Passanten versuchen, wie Ottermann berichtet, die Musiker durch albernes Tanzen zu stören. Ein ums andere Mal verirre sich ein Drehorgelspieler in die B-Ebene, stört die Spendensammler mit seinen Darbietungen und weigere sich zu gehen. Einmal versuchte eine Frau, die Tasche der Schülerin zu stehlen.
Motivierend sind für die Schüler - ne ben den Spenden - die positiven Reaktionen neu, die sie für ihren Einsatz erhalten "Manchmal bringt uns jemand heißen Kakao oder sagt auch einfach nur mal 'Danke'", erzählt Ottermann. Sie habt sogar schon nette Briefe von Passanten bekommen.
"Wir kommen jedes Jahr", sagt eine Mutter, die seit zehn Minuten mit ihre Tochter den Schülern lauscht, Menschen hasten an den Musikern und ihren mittlerweile rund 40 Zuhörern- vorbei, manche werfen schnell einige Münzen in den Geigenkasten. Ein kleiner Junge zieht seine Mutter am Ärmel: "Noch ein Aß chen zuhören", bittet er. Als "O Tannenbaum " gespielt wird, holt ein Mann sein Mundharmonika hervor und stimmt, in das Konzert mit ein. Die Zuhörer klatschen. "Es ist einfach schön!', sagt eine Frau.


Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.12.2001


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